Fische zappeln im Datennetz

Institut für Meereskunde betreut welt weit größtes Lexikon: 2,5 Millionen Besucher pro Monat

Rainer Froese koordiniert die Datensammlung. Foto mad

Wer immer wissen will, was für ein Exemplar an seiner Angel zappelte, findet schnell Hilfe im Datennetz. Denn das Kieler Institut für Meereskunde führt, wie berichtet, seit einem Jahr das weltweit größte elektronische Lexikon, das Bilder, Karten, Grafiken und Schlüsselinformationen über alle 25000 Fischarten der Welt enthält. Eine einmalige Sammlung, die nicht nur internationale Forschungsvorhaben fördern, sondern auch Laien ansprechen soll. Offenbar mit Erfolg: Der Fischereibiologe Dr. Rainer Froese und seine Kollegen registrieren etwa 2,5 Millionen Besucher weltweit im Monat, davon 833000 über deutsche Server. Auch die Idee für den auch vom Bund und dem Land Schleswig-Holstein finanzierten Internet-Katalog war 1987 in Kiel entstanden: Damals spürten die Fischereibiologen Froese und Pauly am Institut für Meereskunde gemeinsam den Geheimnissen der Wasserbewohner nach. Zuerst förderte die EU die Datensammel-Leidenschaft, urspünglich, um Wissenschaftlern und Fischereimanagern in Entwicklungsländern die Arbeit zu erleichtern. Doch dann fanden sich noch weitere Partner wie das philippinische Fischereizentrum ICLAM und die UNO-Organisation FAO, die das Wissen aller Museen rund um Fische anzapften. Die weltweit 550 Mitarbeiter haben mehr als eine Million Daten gespeichert, darunter nicht nur Theorie über Vorkommen, Laichzeiten, Verbreitung und Genetik, sondern auch praktische Tipps: Der Nutzer erfährt, ob der Fisch gefährlich ist, kann eigene Beobachtungen mitteilen und eigene Fotos anhängen, im Chatroom mit anderen Fischfreunden plaudern oder sein Wissen im Quiz und im Soundquiz testen. Rezepte sind zwar nur wenige zu finden, dafür aber wichtige Hinweise, ob der Fisch lieber gegrillt oder geräuchert zu genießen ist.

Petri-Jünger können sich, beginnendbei Bildern der vier Hauptgruppen, durch die Datenbank durchklicken, bis sie ihren Fang bestimmt haben. Die Internet-Adresse www.fishbase.org hat dadurch nicht nur in Fachkreisen, sondern auch vor allem bei Aquarianern, Tauchern, Unterwasser-Fotographen und Petri-Jüngern viele Freunde gefunden. Froese: "Die häufigste Anfrage ist die nach der Bestimmung". Und nach der Menge der Besuche zu urteilen, ist der Dorsch der beliebteste Fisch, gefolgt von der Regenbogenforelle, dem Schwertfisch und dem Lachs.

Trotzdem fällt die Zwischenbilanz nicht so optimistisch aus. Denn vom Hauptanliegen der FishBase-Verantwortlichen, mit Informationen die langfristige und verantwortungsvolle Nutzung der Fischbestände zu unterstützen, ist man noch weit entfernt. Froese bezweifelt immer mehr, dass "Wissen auch in entsprechendes Handeln" umschlägt. Die Interessen der Lobbyisten aus Fischereiverbänden und Industrie führten auch weiterhin in vielen Regionen zu Überfischung und bedrohten ganze Bestände. Nur ein Beispiel: Obwohl auch in fishbase schwarz auf weiß zu lesen ist, dass Haie zehn Jahre brauchen, um ihren Bestand verdoppeln, werden sie gejagt, um vor allem in chinesischen Haifischflossen-Suppen zu landen.

Aber die Beteiligten geben nicht auf, sondern sammeln weiter fleißig Datensätze. Im September 2001 startete ein EU-Projekt, um fishbase, das bisher nur auf Englisch erscheint, in alle EU-Sprachen zu übersetzen. In einem Jahr hoffe man, so Froese, damit fertig zu sein. Etwa 4000 der bekannten Wasserbewohner tauchen jedoch jetzt schon mit dem gebräuchlichen, deutschen Namen auf. Gibt man zum Beispiel den Suchbegriff Barsch ein, erscheinen über 300 Arten vom Achtbindenbuntbarsch über den gemeinen Felsenbarsch bis hin zum Zwergbarsch, alle auch mit ihren wissenschaftlichen Namen.


Last update: 28.05.2002 by Andreas Villwock