Pressemitteilung: 14.04.2001

Fische im Datennetz

Meereskunde hat die Federführung für weltweit größten Internet-Fachkatalog

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Dr. Rainer Froese weiß, was alle interessiert: Um das weltweit größte Fisch-Datennetz FishBase vorzustellen, legte der Biologe Folien mit Titeln wie "Sex der Fische" auf. So erfuhr die Presse im Institut für Meereskunde, dass die meisten Fische zwar getrenntgeschlechtlich sind, sich aber rund 300 Arten von weiblich zu männlich wandeln. Das ungewöhnliche elektronische Lexikon schlüsselt genau auf, wie es die Fische treiben: nicht nur im Wasser, sondern auch u.a. im Maul. Bilder, Karten, Grafiken und Schlüsselinformationen fangen alle 25000 Fischarten der Welt im Datennetz ein, das seit Januar von der Meereskunde geführt wird. Auch die Idee für den Internet-Katalog war 1987 in Kiel entstanden. Damals spürten die Fischereibiologen Daniel Pauly und Froese gemeinsam den Geheimnissen der Wasserbewohner nach. Zuerst unterstützte die EU die Datensammel-Leidenschaft, ursprünglich, um Wissenschaftlern und Fischereimanagern in Entwicklungsländern die Arbeit zu erleichtern. Doch dann fanden sich noch weitere Partner wie das philippinische Fischereizentrum ICLAM, und die UN-Organisation FAO, die das Wissen aller Museen rund um Fische anzapften. Die weltweit 550 Mitarbeiter haben mittlerweile eine Million Daten gespeichert. Ihr Hauptanliegen: mit Informationen die langfristige und verantwortungsvolle Nutzung der Fischbestände zu unterstützen. Eigentlich sei dies kein Problem, klagt Froese, wenn die Vorschläge der Forscher auch politisch umgesetzt würden. Doch die Interessen der Lobbyisten aus Fischereiverbänden und Industrie hätten in vielen Regionen bereits zu Überfischung oder Gefährdungen ganzer Bestände geführt.

Die FishBase-Verantwortlichen hoffen jetzt auf die Hilfe der Verbraucher und setzen auf einfache, aber wirkungsvolle Methoden. Auf den Philippinen veröffentlichten sie Poster, die geschlechtsreife Fische in Lebensgröße zeigten - und mussten feststellen, dass die meisten auf den Märkten verkauften Fische noch "Kinder" waren. "Die Verbraucher könnten die Fischerei-Industrie zwingen, die Fangmethoden zu ändern", ist Froese überzeugt, wenn sie solche Fische zurückwiesen, die sich noch nicht fortpflanzen konnten.

Die Internet-Adresse http://www.fishbase.org/ hat inzwischen nicht nur in Fachkreisen, sondern auch unter Freizeit-Anglern, Züchtern und Aquarianern viele Freunde gefunden. Mittlerweile, sagt Froese sichtlich stolz, registriere man etwa 100000 Nutzer aus 121 Ländern im Monat - mit Steigerungsraten, die die Sex-Seiten im Netz um Längen überträfen.

Zwei gewichtige Gründe führt der Kieler Fischereibiologe Prof. Dietrich Schnack an, warum die Meereskunde die Koordination für FishBase übernahm: Die Datensätze gäben Forschern "hervorragende Werkzeuge" an die Hand, um zum einen weltweite und fächerübergreifende Projekte voranzutreiben - zum Beispiel auch um ganze Ökosysteme miteinander zu vergleichen.

Zum anderen aber liefere die Datenbank allen Nutzern einen guten Service. Für Dr. Bernd Ueberschär, der Informationen über Larven ins Netz stellt, ist FishBase ein "Aushängeschild" für das gesamte Institut.

So wird denn nicht nur trockene Theorie über Vorkommen, Laichzeiten, Verbreitung oder Genetik vermittelt, sondern auch praktische Tipps: Man erfährt, ob der Fisch gefährlich ist, kann eigene Beobachtungen mitteilen, im Chatroom mit anderen Fischfreunden plaudern oder sein Wissen im Quiz testen.

Rezepte sind zwar kaum zu finden, aber schon Hinweise darauf, ob der Fisch lieber gegrillt oder geräuchert zu genießen ist. In etwa drei Wochen, verspricht Froese, haben Petri-Jünger auch kaum noch Probleme mehr damit, wenn an ihrer Angel ein unbekanntes Exemplar zappelt. Von Klick zu Klick können sie, beginnend bei Bildern der vier Hauptgruppen, die Datenbank durchforsten, bis sie ihren Fang bestimmt haben.

Einziger Wermutstropfen: FishBase ist auf Englisch. Aber viele der hier bekannten Fische tauchen mit dem gebräuchlichen, deutschen Namen auf. Gibt man zum Beispiel den Suchbegriff Barsch an, erscheinen über 300 Arten vom Achtbindenbuntbarsch über den gemeinen Felsenbarsch bis hin zum Zwergbarsch, alle auch mit ihren wissenschaftlichen Namen. (mad)

© Kieler Nachrichten vom 14.04.2001


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